Eilenriede

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Die Eilenriede ist der rund 640 ha[1] große Stadtwald von Hannover. Sie liegt östlich des Stadtzentrums und gliedert sich in einen nördlichen Teil im Stadtteil Zoo und einen südlichen Teil, der im Wesentlichen zum Stadtteil Kleefeld gehört.

Lageplan der Eilenriede Süd und Nord
Weg in der Eilenriede

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es wird vermutet, dass die Eilenriede einst der westliche Teil des Nordwaldes war. Dieses große zusammenhängende Waldgebiet bedeckte bis ins späte Mittelalter große Teile des heutigen Niedersachsens zwischen Braunschweig und Hannover. Der erste Teil des Namens Eilenriede (Eilen) leitet sich ab von den dort früher hauptsächlich vorkommenden Erlen (Ellern). Der zweite Teil des Namens (Riede) (siehe auch: Ried) ist eine alte Bezeichnung für sumpfigen Boden.

Ab 1241 erhielt die Stadt Hannover ein Mitbenutzungsrecht an den Waldungen der Eilenriede. 1371 wurde sie den Bürgern Hannovers von den Herzögen Wenzeslaus und Albrecht von Sachsen geschenkt, als Dank für die Unterstützung im Lüneburger Erbfolgekrieg. Dies gab den Bürgerinnen und Bürgern das Recht, das Waldgebiet als ihr Eigentum zu nutzen und zu pflegen. Gleichzeitig bestand die Verpflichtung, das Waldgebiet zu erweitern.

Durch die Viehmast und den Holzraubbau war die Eilenriede im 17. Jahrhundert ein ausgeplünderter Wald. Zur Besserung wurden 1729 Wirtschaftsregeln eingeführt. Die Anpflanzung schnellwachsender Nadelbäume linderte die Holznot. Günstig für den Wald wirkte sich im 19. Jahrhundert die Einführung von Kohle als Brennmaterial aus. Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Wald durch Bombeneinschläge stark geschädigt.

Graben- und Wallrest der mittelalterlichen Landwehr am Inselgraben hinter dem Zoo
Beim Steuerndieb;
Ansichtskarte Nr. 835 von Karl F. Wunder, um 1905

Landwehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Hannoversche Landwehr

In der Mitte des 14. Jahrhunderts entstand vor dem Hintergrund des Lüneburger Erbfolgekrieges (1370–1388) zum Schutz von Hannover eine Landwehr rund um die Stadt, vor allem in der Eilenriede. Die Landwehr war ein vorgeschobenes Grenzsicherungs- und Befestigungssystem mit Warttürmen an den Straßendurchgängen. Innerhalb oder am Rande der Eilenriede befinden sich die Reste folgender früherer Warttürme und Warthäuser:

Später wurden aus den Wachtürmen der Landwehr Förstereien, um den Holzdiebstahl in der Eilenriede einzudämmen. Gut erhaltene Wall- und Grabenabschnitte der Landwehr finden sich heute im Stadtwald auf mehreren Kilometern Länge im Bereich des Pferdeturms, des Döhrener Turms und am Inselgraben hinter dem Zoo.

Räuber Hanebuth[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Räuber Jaspar Hanebuth wurde 1607 im heutigen Stadtteil Groß-Buchholz geboren und trieb sein Unwesen in der Eilenriede. In den Wirren der Zeit, wie Pest, Kriege und Besatzungen raubte und mordete er über längere Zeit. Seinen Opfern soll er am Waldrand in Höhe des heutigen Zoos aufgelauert haben. Nach seiner Festnahme 1652 gestand er 19 Morde und wurde dafür öffentlich gerädert. Nach ihm ist eine Straße am Waldrand als Hanebuthwinkel benannt worden.

Schiffgraben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein geschichtliches Relikt in der Eilenriede ist der Schiffgraben. Dieser war ein im Mittelalter erbauter Kanal, der das Aegidientor in der Stadt mit dem Altwarmbüchener Moor verband. Er diente dem Transport von Torf und Holz in die Stadt, wo es als Brenn- oder Baumaterial benötigt wurde. Der Graben hatte eine Länge von neun Kilometern. Ab Steuerndieb, war er Teil der Hannoverschen Landwehr.

Der Schiffgraben ist nur in der Eilenriede zwischen Musikhochschule und der Waldgaststätte Steuerndieb auf einer Länge von drei Kilometern erhalten geblieben.

Rasenlabyrinth[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rasenlabyrinth, Eilenriede

In der nördlichen Eilenriede befindet sich das Rad. Es handelt sich um ein Rasenlabyrinth mit Kreisen aus Rasen- und Kieselsteinflächen um einen zentralen Lindenbaum herum.[2] Das Labyrinth wurde erstmals 1642 in der Stadtchronik von Hannover erwähnt. Damals befand es sich am heutigen Emmichplatz und wurde 1932 an seinen jetzigen Standort im Wald verlegt.

Derartige Anlagen waren in altgermanischer Zeit Kultstätten. Durch rituelle Tänze in den labyrinthförmigen Linien sollten Weltanschauung und Lebensordnung mit den die Menschen umgebenden Naturgewalten versöhnt werden. Die Einrichtung in der Eilenriede stellt eine der letzten vier historischen Rasenlabyrinthe Deutschlands dar. Die übrigen drei sind der Wunderkreis in Kaufbeuren, der Schwedenhieb in Graitschen und der Schwedenring in Steigra.

Parkumgestaltung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um 1900 wurde die stadtnahe Vordere Eilenriede von Stadtgartendirektor Julius Trip in einen Waldpark umgewandelt. Es entstanden Wasserläufe und Lichtungen. Außerdem wurden an markanten Stellen Skulpturen und Plastiken aufgestellt. Der Sonnenspielplatz und der Spielpark WAKITU (Waldkindertummelplatz) waren 1895 die ersten öffentlichen Spielplätze der Stadt. Zwischen 1928 und 1932 folgte eine zweite Phase der Umgestaltung unter Gartenbaudirektor Hermann Kube[3]: Wege wurden verbreitert und separate Trassen für Fußgänger, Radfahrer und Reiter geschaffen. Die beiden Spielplätze wurden ausgebaut und modernisiert, eine Liegewiese und eine Rodelbahn neu angelegt, das "Rad" in die nordöstliche Eilenriede verlegt und weitere Plastiken - finanziert von der Fritz-Behrens-Stiftung - aufgestellt.

Gedenkschild für die Eilenriederennen

Eilenriederennen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Eilenriederennen

Die nördliche Eilenriede war zwischen 1924 und 1939 sowie 1949 und 1955 Rennstrecke für Motorradrennen. Das Eilenriede-Rennen war ein örtliches Großereignis. Es entwickelte sich in wenigen Jahren zu einer motorsportlichen Institution mit internationalem Bekanntheitsgrad. Der fünf Kilometer lange Rundkurs führte dreiecksförmig mitten durch das Waldgebiet.[4] Start- und Zielpunkt war die Waldgaststätte Steuerndieb. Die beiden weiteren Eckpunkte waren der Lister Turm und der Zoo Hannover. Das erste offizielle Rennen startete am 30. März 1924 mit 168 Motorrädern[5]. 1928 kam es zum ersten Todessturz. Während des Zweiten Weltkriegs war das Rennen ausgesetzt. Die Zuschauerzahlen steigerten sich von anfangs 40.000 Personen auf 130.000 Zuschauer im Jahre 1951. Danach ging die Zuschauerbegeisterung zurück. Umweltschutzgründe und gestiegene Sicherheitsauflagen sorgten 1955 für das Ende der Rennveranstaltungen.

Lage und Botanik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Eilenriede hat eine Nord-Süd-Ausdehnung von etwa sechs Kilometern. Sie reicht mit ihrem südwestlichen Ausläufer bis an den Maschsee. Der Messeschnellweg wurde 1958 in Nord-Süd-Richtung durch die Eilenriede gebaut. Später wurde ein Lärmschutzwall errichtet. Die Ein- und Ausfallstraßen Am Pferdeturm und Bemeroder Straße, die Bernadotte-Allee sowie die an Wochenenden gesperrte Verbindung zwischen Fritz-Behrens-Allee und Steuerndieb führen durch die Eilenriede oder an ihr entlang.

Die Eilenriede gliedert sich in zwei Teile:

Heute finden sich zu 75 % Laubbäume in der Eilenriede. Neben hauptsächlich Eichen, Rotbuchen, Erlen und Birken kommen auch zahlreiche andere Baumarten vor. Auf den sandigen Böden finden sich als Nadelbäume vorwiegend Kiefern und Lärchen. Früher wuchsen auf dem feuchten und sumpfigen Gelände hauptsächlich Erlen (Ellern). Im März und April ist der Waldboden großflächig mit Pflanzenteppichen bedeckt. Dann blühen Lerchensporn, Scharbockskraut, das Gelbe Windröschen und der weiße Bärlauch.

Der Grundwasserspiegel der Eilenriede senkte sich über die vergangenen Jahre hinweg aufgrund der fortschreitenden Stadtentwicklung. Im April 2008 wurden Maßnahmen durchgeführt, die den Grundwasserstand des Waldgebietes anheben sollten, um der originären Vegetation ihren Raum zu erhalten.

Freizeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Eilenriede gibt es zahlreiche Einrichtungen zur Freizeitgestaltung. Am Rande der nördlichen Eilenriede befindet sich der Zoo Hannover. Das frühere Vogelschutzgehölz am östlichen Rand wurde 2004 zur Waldstation vergrößert und ausgebaut.

Durch das Waldgebiet führen 80 km Wanderwege, 38 km Radwege und 11 km Reitwege. Das Skaten ist auf einer Strecke vom Lister Turm bis Steuerndieb freigegeben. Des Weiteren gibt es einen Trimm-dich-Pfad, einen Minigolfplatz, vier Rodelberge, einen Hochseilgarten im Wakitu, zehn Spielplätze, zwölf Liegewiesen sowie Restaurants, Kioske und Waldcafés.

Denkmäler und Plastiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Prinzessinnengruppe

In der nördlichen Eilenriede befinden sich mehrere Denkmäler.

Auf einem Rasenrondell an der Kreuzung Yorck- und Hohenzollernstraße steht auf der Waldseite die Prinzessinnengruppe, die in halber Lebensgröße von dem Berliner Bildhauer Johann Gottfried Schadow geschaffen wurde und in der Alten Nationalgalerie zu sehen ist. Es stellt Prinzessin Luise (die spätere Gemahlin des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm III.) und deren jüngere Schwester Friederike (nachmals Gemahlin des Königs Ernst August von Hannover) dar.
Das Denkmal geht zurück auf eine Stiftung des letzten deutschen Kaisers Wilhelms II. und wurde von dem venezianischen Bildhauer Valentin Casal geschaffen. Der „Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen“ Wilhelm enthüllte das Denkmal als offizieller Vertreter seines Vaters am 19. Juli 1910.

In diesem Bereich an der Walderseestraße steht auch das Denkmal für den preußischen Generalfeldmarschall Alfred Graf von Waldersee, der in einer Villa am Rand der Eilenriede seine letzten Lebensjahre verbrachte.

An der Walderseestraße gegenüber der Fritz Beindorff-Allee erinnert der Pelikan-Brunnen mit zwei bronzenen Pelikanen an Fritz Beindorff als hannoverscher Senator und früheren Inhaber des Büroartikelunternehmens Pelikan AG.

Der Bildhauer Carl Dopmeyer schuf das mit einem bronzenen Portraitrelief ausgestattete Burckhardt-Denkmal, das 1883 in der vorderen Eilenriede errichtet wurde. Es erinnert an den hannoverschen Förster und späteren Forstdirektor Heinrich Christian Burckhardt, der 1866 nach der Annexion des Königreichs Hannover durch Preußen für die Forstverwaltung der Provinz Hannover zuständig war.

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der die Eilenriede durchquerende Messeschnellweg und Fernmeldeturm Telemax

Für die Wahrung der Belange der Eilenriede und einiger benachbarter Wälder schuf der Rat der Stadt Hannover 1956 den Eilenriedebeirat. Anlass zur Schaffung dieses Gremiums war der Bau des Messeschnellweges in den 1950er Jahren, dessen Zerschneidungswirkung zusammen mit dem von ihm ausgehenden Lärm zu heftigen Protesten in der Bevölkerung führte.[6] Auch heute noch findet jährlicher Holzeinschlag in der Eilenriede statt, der gelegentlich zu Kritik führt. [7]

Einige Einrichtungen in der Nähe der Eilenriede sind nach ihr benannt:

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Franz Hallbaum: Die Vordere Eilenriede in Hannover. Waldpark und Schönheitswald. In: Die Gartenkunst. Jg. 44 (1931), S. 159–164. Digitalisat (PDF; 1,5 MB)
  • Gerhard Richter: Entstehung und Entwicklung des öffentlichen Grüns in Hannover bis zur Eingemeindung Lindens im Jahre 1920. Hannover 1969 (Dissertation an der TU Hannover).
  • Herbert Röhrig: Laßt den Bürgern ihre Eilenriede, aus: Zeitschrift Niedersachsen, 1971, Heft 3, Hrsg. vom Niedersächsischen Heimatbund e. V., Hannover, 1971
  • Speier, Martin; Pott, Richard: Der hannoversche Stadtwald "Eilenriede" in geobotanischer und historischer Sicht. In: Hundert Jahre Reinhold Tüxen. Geobotanik und Vegetationsgeographie. Hrsg.: Richard Pott. Hannover 1999, S. 279–303.
  • Bettina Borgemeister: Die Stadt und ihr Wald. Eine Untersuchung zur Waldgeschichte der Städte Göttingen und Hannover vom 13. bis zum 18. Jahrhundert. Hannover, Hahn 2005. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. 228) ISBN 3-7752-6028-5.
  • Joachim Lehrmann: Räuberbanden zwischen Harz und Weser. Lehrte, Lehrmann-Verlag 2004. ISBN 3-9803642-4-0. (darin ausführlich Hannovers Raubmörder Hanebuth)
  • Ellen Schneider: Der Waldpark. Ideen und Erscheinungsformen in Deutschland zwischen 1880 und 1935. Remagen-Oberwinter: Kessel 2011. Diss. TU Dresden, 2010. Darin: S. 49–77: Ausgewählte Beispiele realisierter Waldparkprojekte (S. 52–62: Die Vordere Eilenriede Hannover: Gestaltung unter Julius Trip und Hermann Kube) ISBN 978-3-941300-52-1
  • Silke Beck, Klaus Helmer (Red.): Stadtwälder in Hannover. Die Eilenriede, mit Texten von Gerhard Dirscherl, Gerd Garnatz, Gudrun Seth und Carl Ferdinand Ernst, Hannover, September 2012, S. 30/31; [1] (PDF; 1,9 MB)
  • Silke Beck (Red.): Eilenriedekarte (PDF, 724 kB), mit Texten von Carl-Ferdinand Ernst und Gerd Garnatz, Hannover, September 2012
  • Helmut Knocke, Hugo Thielen: Eilenriede, in: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon, S. 101ff.
  • Eva Benz-Rababah: Eilenriede in: Stadtlexikon Hannover, S. 149

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Eilenriede – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Eilenriede. Europas bedeutendster Stadtwald im Herzen Hannovers hat jede Menge zu bieten. In: hannover.de. Landeshauptstadt Hannover, o.J., abgerufen am 31. August 2016.
  2. Geographische Koordinaten des Rasenlabyrinths: +52° 23' 18.24", +9° 45' 55.15" (GPS-Koordinaten, für Google Maps: LL 52.388400, 9.765320)
  3. Ellen Schneider: Der Waldpark. Ideen und Erscheinungsformen in Deutschland zwischen 1880 und 1935. Remagen-Oberwinter: Kessel 2011, S. 52–62.
  4. Streckenkarte (Memento vom 17. Juli 2007 im Internet Archive)
  5. Artikel über die Geschichte des Rennens in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung
  6. Joachim Wolschke-Bulmahn & Hansjörg Küster: Die Eilenriede. Hannovers Stadtwald und der Eilenriedebeirat. Landeshauptstadt Hannover, November 2009, abgerufen am 4. März 2016 (PDF, 1,44 MB).
  7. Mathias Klein: Eilenriedebeirat kritisiert die Stadt. Debatte um Holzeinschlag. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. 18. Februar 2014, abgerufen am 4. März 2016.

Koordinaten: 52° 23′ 16″ N, 9° 46′ 10″ O