Sachsenring (Rennstrecke)

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Dieser Artikel erläutert die ab 1937 Sachsenring genannte, heutige Rennstrecke; die ursprüngliche Rennstrecke namens Sachsenring im Tharandter Wald wird unter Sachsenring (Grillenburg) erläutert.
Sachsenring
Ort: Hohenstein-Ernstthal, Deutschland
Aktuelle Rennserien: Motorrad-Weltmeisterschaft,
ADAC GT Masters,
dt. Motorradmeisterschaft
Streckendaten
Streckenlänge: 3,671 km (2,282 mls)
Zuschauerkapazität: über 120.000
Rekorde
Rundenrekord
(Automobil):
Rundenrekord
(Motorrad):
1:21:067 (Casey Stoner, Ducati, 2008)
Start zum Formel-Junior-Rennen 1963
Pressezentrum und Boxenanlage im Jahr 2008

Der Sachsenring ist eine traditionsreiche Rennstrecke in Hohenstein-Ernstthal bei Chemnitz, Sachsen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

[Bearbeiten] Ursprünge

Die Ursprünge des Sachsenrings gehen auf das Badberg-Viereck-Rennen zurück, welches erstmals am 26. Mai 1927 stattfand. Der 8,7 km lange Straßenkurs führte im Gegenuhrzeigersinn durch Hohenstein-Ernstthal nach Norden, um dann in westlicher Richtung parallel zur heutigen A4 ChemnitzGera zu verlaufen. Auf der heutigen Bundesstraße 180 ging es nach Süden, um dann in der Queckenberg-Kurve auf die Zielgerade einzumünden. Nach zwei Auflagen musste die Veranstaltung nach Protesten der Bürgerschaft wegen der zahlreichen Unfälle zunächst ausgesetzt werden.

In den 1930er Jahren jedoch wurde die zwischen Chemnitz und Zwickau gelegene Rennstrecke fester Bestandteil des internationalen Rennkalenders. 1934 wurde erstmals der Große Preis von Deutschland für Motorräder auf der Strecke ausgetragen, bei dem es drei Todesopfer zu beklagen gab, darunter der 500-cm³-Europameister des Vorjahres, der Schwede Gunnar Kalén sowie der aktuelle 500er-Europameister Pol Demeuter aus Belgien. 1936 wurden im Rahmen des Grand Prix die Europameister ermittelt. Im Jahr 1937 erhielt der Kurs den Namen „Sachsenring“, nachdem auf dem vorher als Sachsenring bezeichneten Kurs im Tharandter Wald die Rennaktivitäten eingestellt wurden.

Anfahrt zur Queckenbergkurve 1963

Im Jahr 1949 belebte man nach der kriegsbedingten Pause die Rennen wieder. 1950 besuchten ca. 400.000 Zuschauer den Lauf zur gesamtdeutschen Motorradmeisterschaft. Ein weiterer Höhepunkt war das auf dem 8,7 km langen Kurs ausgetragene Amateur-Rennen der Straßen-Radweltmeisterschaft 1960, das der einheimische Bernhard Eckstein vor Täve Schur gewann.

Ab 1961 erlebte der „alte“ Sachsenring seine Blütezeit, denn bis einschließlich 1972 wurden auf dem Hochgeschwindigkeitskurs Läufe zur Motorrad-Weltmeisterschaft ausgetragen. Dabei waren zeitweise auch die einheimischen Zweitakt-Rennmaschinen von MZ aus dem nahe gelegenen Zschopau konkurrenzfähig. Die schnellste Rennrunde überhaupt fuhr jedoch der 15-fache Weltmeister Giacomo Agostini aus Italien auf einer 500-cm³-MV Agusta mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von fast 180 km/h. Im Jahr 1969 kam der junge britische Weltmeister und Publikumsliebling Bill Ivy bei einem Sturz im Zentrum von Hohenstein-Ernstthal ums Leben.

Den Lauf bei den 250ern gewann 1971 der (West-)Deutsche Dieter Braun, worauf viele Zuschauer die deutsche Nationalhymne mitsangen. Die vorangegangene rundenlange Anfeuerung von Braun wurde von den Behörden denkbar kritisch zur Kenntnis genommen und führte zu Konsequenzen, der auf den Verzicht auf den WM-Status hinauslief. Die offizielle Begründung waren fehlende Sicherheitsvorkehrungen und gestiegene Kosten.

Nach dem staatlich erzwungenen Ende der WM-Läufe wurde es zunächst etwas ruhiger, doch der Rennbetrieb mit Zwei- und Vierrädern ging mit rein osteuropäischen Teilnehmern weiter und begeisterte im Laufe der Zeit viele Zuschauer. Aufgrund der im Vergleich zu westlichen Motoren relativ geringen Leistungen kam es dabei nicht zu dem starken Anstieg der Fahrleistungen, der bei westlichen Rennstrecken wie etwa dem Nürburgring Umbaumaßnahmen oder gar komplette Schließungen erforderlich machte.

[Bearbeiten] Neuanfang

Im Jahre 1990 brachte das Ende der DDR indirekt das endgültige Aus für die altehrwürdige Naturrennstrecke. Der seit Jahrzehnten quasi unveränderte Stand der Strecke konnte modernen Sicherheitsanforderungen nicht mehr gerecht werden, denn durch das nun verfügbare Material aus dem Westen bzw. dem Fernen Osten stiegen die Geschwindigkeiten. Trotz zweier Bremsschikanen kam es zu tragischen Unfällen. Insbesondere der Rennbetrieb innerhalb der Ortschaft war nicht mehr tragbar, obwohl am Schleizer Dreieck noch einige Jahre an Häusern vorbei gerast wurde und dies bei der Tourist Trophy auf der Isle of Man nach wie vor üblich ist.

Eine verkürzte Strecke außerorts wurde diskutiert, doch die Umsetzung ließ auf sich warten. Der AMC Sachsenring Hohenstein-Ernstthal sowie der ADAC Sachsen veranstalteten von 1992 bis 1995 Sachsenring-Rennen auf den tschechischen Rennstrecken in Most bzw. Brünn.

1995 wurde das am Start-Ziel-Bereich der alten Rennstrecke gelegene Verkehrssicherheitszentrum mit multifunktionalem Veranstaltungsgelände und (noch nicht permanent verfügbarer) Rennstrecke eröffnet. Nun bot sich wieder die Möglichkeit, Rennsport vor Ort zu betreiben. Das rennsportliche Comeback erfolgte 1996 mit den Veranstaltungen zur Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM) sowie dem ADAC Super Tourenwagen Cup.

Der Omega-förmige Teil der Strecke, der bergab um einen bewaldeten Hügel führt, wurde zwar zum neuen Merkmal des Sachsenrings, aber der Rest des Kurses wurde von einigen Aktiven als zu eng und zu langsam kritisiert, zumal dies kaum an die flüssige alte Strecke erinnerte. Dank kontinuierlicher Verbesserung von Streckenstandard und Infrastruktur gelang 1998 der große Coup: die Motorrad-Weltmeisterschaft, die auf dem Hockenheimring und zuletzt auf dem Nürburgring immer weniger Zuschauer anlocken konnte, kehrte nach 26 Jahren auf den Sachsenring zurück. Seither strömen Jahr für Jahr um die 200.000 Zuschauer zum „Ring“, um das Spektakel zu erleben.

Dank dieser beeindruckenden Unterstützung seitens der Zuschauer wurden im Laufe der Jahre umfassende Veränderungen an der Strecke vorgenommen. Erwähnt seien hier eine neue Boxenanlage, der neue Start/Zielturm sowie die geänderte schnellere Streckenführung, die den öffentlichen Verkehr nicht mehr berührt und den Sachsenring somit erstmals zu einer permanenten Rennstrecke macht. Insbesondere der Umbau von 2002, der mit einem sehr schnellen Bergabstück vor der Bergauf-Kurve Queckenberg sowohl an den Streckenabschnitt Fuchsröhre der Nordschleife als auch an den alten Sachsenring erinnert, etablierte den nun 3670 Meter langen Sachsenring endgültig bei Fahrern und Zuschauern.

Obwohl die DTM wegen finanzieller Differenzen in den letzten Jahren nicht zurückkehrte, gelang es den örtlichen Veranstaltern bzw. dem ADAC jüngst, die Motorrad-Weltmeisterschaft am Sachsenring mindestens bis zum Jahr 2011 zu sichern.

Bei aktuellen Veranstaltungen gerade aus dem Hobbybereich stellt sich das strenge Lautstärkelimit immer wieder als Problem dar, sodass viele Events am Sachsenring trotz großem Interesse nicht stattfinden können. Für Veranstaltungen wie MotoGP-Rennen werden Ausnahmegenehmigungen erteilt.

[Bearbeiten] Siegerlisten

[Bearbeiten] Motorrad-Grands-Prix 1934 bis 1939

Jahr Rennen 250 cm³ 350 cm³ 500 cm³
1934 Großer Preis von Deutschland IRLIRL Henry Tyrell-Smith UKUK Jimmie Simpson Germany 1933 (alternate)Germany 1933 (alternate) Otto Ley
1935 Großer Preis von Deutschland Germany 1933 (alternate)Germany 1933 (alternate) Walfried Winkler UKUK Walter Rusk UKUK Jimmie Guthrie
1936 Großer Preis von Europa IRLIRL Henry Tyrell-Smith UKUK Freddie Frith UKUK Jimmie Guthrie
1937 Großer Preis von Deutschland Germany 1933Germany 1933 Ewald Kluge UKUK Harold Daniell Germany 1933Germany 1933 Karl Gall
1938 Großer Preis von Europa Germany 1933Germany 1933 Ewald Kluge UKUK John White Germany 1933Germany 1933 Georg Meier
1939 Großer Preis von Großdeutschland Italy (1861-1946)Italy (1861-1946) Nello Pagani Germany 1933Germany 1933 Walter Hamelehle Italy (1861-1946)Italy (1861-1946) Dorino Serafini

[Bearbeiten] Motorrad-WM-Läufe

Jahr Rennen 50 cm³ 125 cm³ 250 cm³ 350 cm³ 500 cm³ / MotoGP
1961 Großer Preis der DDR East GermanyEast Germany Ernst Degner UKUK Mike Hailwood the Federation of Rhodesia and Nyasalandthe Federation of Rhodesia and Nyasaland Gary Hocking the Federation of Rhodesia and Nyasalandthe Federation of Rhodesia and Nyasaland Gary Hocking
1962 Großer Preis der DDR NEDNED Jan Huberts Switzerland within 2to3Switzerland within 2to3 Luigi Taveri the Federation of Rhodesia and Nyasalandthe Federation of Rhodesia and Nyasaland Jim Redman the Federation of Rhodesia and Nyasalandthe Federation of Rhodesia and Nyasaland Jim Redman UKUK Mike Hailwood
1963 Großer Preis der DDR NZLNZL Hugh Anderson UKUK Mike Hailwood UKUK Mike Hailwood UKUK Mike Hailwood
1964 Großer Preis der DDR NZLNZL Hugh Anderson UKUK Phil Read Rhodesia (1964)Rhodesia (1964) Jim Redman UKUK Mike Hailwood
1965 Großer Preis der DDR UKUK Frank Perris Rhodesia (1964)Rhodesia (1964) Jim Redman Rhodesia (1964)Rhodesia (1964) Jim Redman UKUK Mike Hailwood
1966 Großer Preis der DDR Switzerland within 2to3Switzerland within 2to3 Luigi Taveri UKUK Mike Hailwood ITAITA Giacomo Agostini CZECZE František Šťastný
1967 Großer Preis der DDR UKUK Bill Ivy UKUK Phil Read UKUK Mike Hailwood ITAITA Giacomo Agostini
1968 Großer Preis der DDR UKUK Phil Read UKUK Bill Ivy ITAITA Giacomo Agostini ITAITA Giacomo Agostini
1969 Großer Preis der DDR Spain under FrancoSpain under Franco Ángel Nieto UKUK Dave Simmonds ITAITA Renzo Pasolini ITAITA Giacomo Agostini ITAITA Giacomo Agostini
1970 Großer Preis der DDR NEDNED Aalt Toersen Spain under FrancoSpain under Franco Ángel Nieto UKUK Rodney Gould ITAITA Giacomo Agostini ITAITA Giacomo Agostini
1971 Großer Preis der DDR Spain under FrancoSpain under Franco Ángel Nieto Spain under FrancoSpain under Franco Ángel Nieto GERGER Dieter Braun ITAITA Giacomo Agostini ITAITA Giacomo Agostini
1972 Großer Preis der DDR NEDNED Theo Timmer SWESWE Börje Jansson FINFIN Jarno Saarinen UKUK Phil Read ITAITA Giacomo Agostini
1998 Großer Preis von Deutschland JPNJPN Tomomi Manako JPNJPN Tetsuya Harada AUSAUS Mick Doohan
1999 Großer Preis von Deutschland ITAITA Marco Melandri ITAITA Valentino Rossi USAUSA Kenny Roberts jr.
2000 Großer Preis von Deutschland JPNJPN Yōichi Ui FRAFRA Olivier Jacque BRABRA Alex Barros
2001 Großer Preis von Deutschland ITAITA Simone Sanna ITAITA Marco Melandri ITAITA Max Biaggi
2002 Großer Preis von Deutschland FRAFRA Arnaud Vincent ITAITA Marco Melandri ITAITA Valentino Rossi
2003 Großer Preis von Deutschland ITAITA Stefano Perugini ITAITA Roberto Rolfo ESPESP Sete Gibernau
2004 Großer Preis von Deutschland ITAITA Roberto Locatelli ESPESP Dani Pedrosa ITAITA Max Biaggi
2005 Großer Preis von Deutschland FINFIN Mika Kallio ESPESP Dani Pedrosa ITAITA Valentino Rossi
2006 Großer Preis von Deutschland ITAITA Mattia Pasini JPNJPN Yuki Takahashi ITAITA Valentino Rossi
2007 Großer Preis von Deutschland HUNHUN Gábor Talmácsi JPNJPN Hiroshi Aoyama ESPESP Dani Pedrosa
2008 Großer Preis von Deutschland FRAFRA Mike Di Meglio ITAITA Marco Simoncelli AUSAUS Casey Stoner

[Bearbeiten] Zuschauerzahlen der Motorrad-WM Läufe seit 1998

Seit der ersten Austragung der WM-Läufe auf dem neuen Sachsenring im Jahr 1998 stiegen die Zuschauerzahlen Jahr für Jahr an, was die kontinuierliche Steigerung der Zuschauerkapazität zur Folge hatte. Mittlerweile zählt das Rennen, neben den in Spanien ausgetragenen Läufen, zu den am besten besuchten Grand Prix der Motorrad-WM. Zum ersten Rückgang der Zuschauerzahl gegenüber dem Vorjahr kam es 2008, als die Veranstaltung erstmals an einem verregneten Wochenende stattfand. Ein Besonderheit am Sachsenring sind die hohen Besucherzahlen an den Trainingstagen, an denen die Tribünen bei den meisten anderen Rennen nur spärlich gefüllt sind.

Jahr Zuschauer
am gesamten Wochenende
Veränderung
gegenüber Vorjahr
1998 142.000
1999 151.000 + 6,3 %
2000 161.000 + 6,6 %
2001 177.000 + 9,5 %
2002 184.500 + 4,2 %
2003 204.000 + 10,5 %
2004 207.745 + 1,8 %
2005 216.457 + 4,2 %
2006 219.848 + 1,6 %
2007 226.944 + 3,2 %
2008 221.492 − 2,4 %

[Bearbeiten] Literatur

  • Wolfgang Hallmann: Das war der Sachsenring - Geschichte und Gegenwart einer legendären Rennstrecke, Chemnitzer Verlag, Chemnitz, 1996, ISBN 3928678329
  • "75 Jahre Sachsenring - Fahrer einer legendären Rennstrecke", HB-Werbung und Verlag GmbH & Co. KG, Chemnitz, 2002, ISBN 3-00-008789-3
  • Gerhard Herber: Der Grillenburger Sachsenring 1927–1933. Die Geschichte einer vergessenen Rennstrecke. 1. Auflage. Lotos Druck GmbH, Reichstädt 2005, ISBN 3-00-015943-6.

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Weblinks

50.79055555555612.6877777777787Koordinaten: 50° 47′ 26″ N, 12° 41′ 16″ O

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